Kreistag 2021: Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Udo Bartsch

Udo Bartsch

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren der Kreisverwaltung,
meine Damen und Herren,

die diesjährigen Haushaltsberatungen stehen unter einem besonderen Zeichen. Es sind die ersten Haushaltsberatungen der neuen Wahlperiode mit einem Wahlergebnis aus der Kreistagswahl 2020, das keine klaren Mehrheiten mit sich gebracht hat. Hier hoffen wir als SPD auf mehr Kompromissbereitschaft von allen Seiten des Kreistages, also anders, als es in der vergangenen Wahlperiode oftmals, insbesondere von Seiten der CDU und der FDP, gelebt wurde. Dies setzt natürlich nicht nur Vertrauen, sondern auch eine Verlässlichkeit des Handelns voraus.

Durch die Pandemie gab es bisher leider wenig Möglichkeiten, gerade für die neuen Mitglieder des Kreistages, sich über Videositzungen hinaus besser kennenzulernen. Wir alle haben die Hoffnung, dass sich dies bald wieder ändern wird. Ein herzliches Dankeschön gilt an dieser Stelle seitens der Fraktion der Kämmerei, dem Kreistagsbüro und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die mittelbar oder unmittelbar mit der Aufstellung dieses Haushaltes befasst waren.

Wir begrüßen es sehr, dass in diesem Jahr kein Doppelhaushalt vorgelegt wurde und es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die SPD-Kreistagsfraktion in den nächsten Jahren keinem Doppelhaushalt zustimmen wird. Ohne weitere Ausgleichszahlungen des Landes und des Bundes wird es in den nächsten Jahren zu einer Finanzlücke in den kommunalen Kassen kommen, die wir heute noch nicht absehen können. Der Kämmerer hat darauf hingewiesen, dass die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände eine erhebliche Finanzierungslücke befürchtet. Das nehmen wir ernst. Die langfristigen Folgen der Pandemie sind für uns alle nicht absehbar und werden die Haushalte über Jahrzehnte belasten. Aus diesem Grund brauchen unsere Kommunen mit dem Kreis einen verlässlichen Partner, der ihnen bei ihrer Finanzplanung eine seriöse Grundlage für eine solide Finanzplanung gibt. Auch aus diesem Grund sind Doppelhaushalte hier das falsche Signal. Zudem nehmen Doppelhaushalte der Politik Gestaltungsspielräume.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

der griechische Philosoph Aristoteles soll gesagt haben: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Dieser Kreistag wird in der vor uns liegenden Wahlperiode vor große Herausforderungen mit bedeutenden Entscheidungen für unseren Kreis und seine Menschen gestellt. Da wird es sehr entscheidend sein, dass wir die Segel richtig setzen. Dabei wird es uns nicht gelingen, immer nur mit dem Wind segeln. Es wird uns sicher nicht erspart bleiben, in den nächsten Jahren hart am Wind zu segeln und ihn mitunter auch mal spitz von vorn zu nehmen, so wie es eben noch geht.

Die Pandemie ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Wind nicht immer aus der Richtung kommt, die wir gerne hätten. Covid-19 hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Fast jeder Tag war und ist ein Kampf mit neuen Herausforderungen. Informationen und Hinweise sind genauso schnelllebig wie Entscheidungen und Verordnungen. Viele Menschen haben Ängste und Sorgen oder haben auch ihnen nahestehende Menschen durch das Virus verloren. Die Pandemie hat die Bürgerinnen und Bürger, die gesamte Gesellschaft, die Politik auf allen Ebenen, Arbeitnehmer, Selbständige, Kulturschaffende und Unternehmen – persönlich, wirtschaftlich und emotional – vor große Herausforderungen gestellt. Dabei wurde bis heute oftmals nur auf Sicht gefahren und es wird noch lange dauern, bis wir wieder annähernd ein Leben führen können, wie wir es vor der Pandemie gewohnt waren. Dabei sollen uns die angelaufenen Impfungen helfen. Obwohl hier vieles deutlich schneller gehen müsste und die Menschen derzeit sehr verunsichert sind, gilt der Dank der Disziplin der Menschen, welche die notwendige Geduld aufbringen, bis sie bei der Impfung an der Reihe sind. Es ist weiterhin besonders wichtig, dass die festgelegte Reihenfolge eingehalten wird und zügig durchgeimpft werden kann, um zuerst die Schwächsten zu schützen. In diesen Dank schließe ich ganz besonders auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreises – insbesondere des Gesundheitsamtes – und die Mitglieder des Krisenstabes ein, die in dieser schwierigen Zeit besonderen Belastungen ausgesetzt waren und auch weiterhin sind. Jetzt geht es darum, wirkungsvolle Unterstützungen seitens des Kreises zu leisten, damit die Unternehmen, die Firmen, die Geschäfte, der Einzelhandel, Dienstleister, Kulturbetriebe, Tourismus und Gastronomie nach der Corona-Pandemie wieder durchstarten können. Den Betroffenen muss der Kreis mit Rat und Tat unbürokratisch zur Seite stehen und seine Angebote ausbauen. Hier ist unsere Wirtschaftsförderung in den nächsten Wochen und Monaten noch stärker gefordert als bisher.

Corona hat allerdings auch etwas Positives mit sich gebracht: Das Thema Digitalisierung wurde in den Fokus gerückt und hat Fahrt aufgenommen, die es nach unserer Meinung schon seit Jahren gebraucht hätte. Es ist gut und richtig, dass wir dafür nun einen eigenen Ausschuss haben. Es muss die Aufgabe des Kreises sein, eine Bündelfunktionen unserer digitalen Infrastrukturverantwortung wahrzunehmen. Die Gewährleistung und Weiterentwicklung einer leistungsfähigen Breitband-, Glasfaser- und Mobilitätsinfrastruktur sowie die Einrichtung einer funktionierenden digitalen Verwaltung – das sind die Dinge von zentraler Bedeutung in den nächsten Jahren. Die Erfahrungen in der Pandemie haben uns die Bedeutung des Staates vor Augen geführt und dem Thema „Daseinsvorsorge im digitalen Zeitalter“ einen neuen – wesentlich zentraleren – Stellenwert gegeben.

Viele soziale Infrastrukturen werden als systemrelevant eingestuft, weil sie zum Leben mit und trotz Corona gebraucht werden. Andere Infrastrukturbereiche brachen weg. Welch enormen Stellenwert Bildung und Kultur in unserer Gesellschaft haben, wurde für uns alle spür- und erlebbar. Das digitale Leben, allen voran Videokonferenzen und Home-Office, haben es vielen Unternehmen und Organisationen erlaubt weiterzuarbeiten. Genauso hat die Pandemie uns gezeigt, wo wir Auf- und Nachholbedarf haben. Wir brauchen eine moderne, digitale und vor allen auch barrierefreie Verwaltung, von der alle profitieren. Digitale Verwaltung muss dabei z. B. auch in leichter Sprache gestaltet sein, damit die Angebote für alle Menschen des Kreises zugänglich und nutzbar sind. Hier erwarten wir auch neue Impulse durch das Digitallabor des Kreises als Ideenschmiede und die Entwicklung z. B. einer Rhein-Kreis Neuss APP, mit der sich alle Formate und Anträge nutzbar nur über ein Serviceportal online erledigen lassen. Daneben gilt es, natürlich alle Angebote, die eine digitale Verwaltung bietet, auch vor Ort anzubieten.

Von besonderer Bedeutung ist das Thema digitale Bildung und eine gute technische Ausstattung aller Schulen in Kreisträgerschaft.
Der Kreis ist hierbei auch ein wichtiger Partner für die Kommunen.
Ziel muss es sein, dass jeder Haushalt, jede Verwaltung, jedes Unternehmen und vor allem die Bildungseinrichtungen auf schnelle und zuverlässige Internetverbindungen im Kreisgebiet zurückgreifen können. Dies muss gerade im aktuellen Strukturwandel eine wesentliche Voraussetzung sein.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

der Beschluss der Bundesregierung, keinen Kohlestrom mehr produzieren zu wollen und der damit einhergehende Strukturwandel, gerade hier bei uns im Rheinischen Revier, wird unseren Rhein-Kreis Neuss als bedeutenden Wirtschaftsstandort vor enorme Herausforderungen stellen und ist nicht nur für die Kreispolitik das zentrale Thema der nächsten Jahre. Nun gilt es, den damit verbundenen Strukturwandel zu gestalten. Es gilt weiter, einen Strukturbruch zu verhindern und Weichen zu stellen für neues Wachstum und neue Beschäftigung mit modernsten Arbeitsplätzen. So lautete und lautet immer noch der mit dem Kohleausstieg verbundene Anspruch der politischen Rahmensetzungen der Bundes- und Landesregierung. Der Strukturwandel selbst hat längst begonnen. Immer mehr Kraftwerke werden stillgelegt, die Tagebaue in Hambach und Inden befinden sich in der Vorbereitung der Abschlüsse in nur wenigen Jahren. Auch der Tagebau Garzweiler wird bis 2038 abgeschlossen sein. Hier warten wir dringend auf die Leitentscheidung der Landesregierung, damit hier endlich Klarheit über die nächsten Schritte herrscht. Jüchen braucht schnell und vollständig sein Gemeindegebiet zurück, um es selbst zukunftsgerecht für die Menschen gestalten zu können. Das muss Vorrang haben, genauso wie die Maßnahme im Tagebau Hambach, wo die Gemeinde Elsdorf vor ähnlichen Problemen steht und der „Hambi“ – also der Hambacher Forst – mit viel Aufwand und Material aus dem Tagebau Garzweiler gerettet werden soll.

Wir brauchen Klarheit!

Klarheit bei den Verfüllzeiten der riesigen Rest-Seen, die unsere Region in der Zukunft verändern und prägen werden. Das betrifft uns im Rhein-Kreis Neuss maßgeblich mit der Rheinwasserstransportleitung, bei der die Planungen angepasst werden müssen. Die Erft-Renaturisierung rückt ebenfalls durch den vorzeitigen Ausstieg erneut in den Fokus.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

wo wollen wir hin beim Strukturwandel? Welche Impulse setzen wir? Wo setzen wir sie für Wachstum und Beschäftigung? Wir als SPD-Fraktion haben bereits seit Jahren gefordert, einen eigenen Ausschuss des Kreistages einzurichten. Viele Jahre vergebens. Dabei war für alle immer klar und offensichtlich, dass die Gestaltung dieser „Jahrhundertaufgabe“ nicht allein das Geschäft der laufenden Verwaltung sein kann. Politische Kräfteverhältnisse unterliegen bisweilen auch einem Strukturwandel und so haben wir ihn nun endlich, den „Ausschuss für Strukturwandel und Arbeit im Rheinischen Revier“ – den Wirtschaftsausschuss, den wir so dringend brauchen. Das war längst überfällig und zeigt hoffentlich, dass die Verhinderer von damals dazugelernt haben und nun bereit sind, den Strukturwandel gemeinsam Hand in Hand anzugehen. Längst haben sich die Region und unsere Nachbarn neu aufgestellt und auf den Strukturwandel ausgerichtet. Da müssen wir uns anstrengen Schritt zu halten. Wir werden die Arbeit der ZRR, der Zukunftsagentur Rheinisches Revier, aktiv und konstruktiv mit eigenen Ideen und Projekten begleiten. Ebenso die Arbeit im Regionalrat Düsseldorf, der ebenfalls einen Ausschuss für „Strukturwandel und Wirtschaft“ eingerichtet hat. In beiden Bereichen stehen wichtige Weichenstellungen an. Es geht um Projekte und Maßnahmen, Leitbilder für den Strukturwandel, um die Steuerung der von Berlin und Düsseldorf zugesagten 15 Milliarden Euro so zu verwenden, das Wachstum und Beschäftigung hier bei uns stattfinden. Auch Raumentwicklung und Flächenverfügbarkeit stehen in der Diskussion, damit hier bei uns etwas neues tatsächlich entstehen kann. Der Regionalrat hat dazu im Dezember 2020 bereits erste Weichen gestellt, rund um die Kraftwerke Neurath und Frimmersdorf die Flächen so zu reorganisieren, dass der ordnungsgemäße Rückbau der gewaltigen Kraftwerksblöcke erfolgen kann, und neue Nutzungen eingeleitet werden können – an Teilbereichen am Kraftwerk Frimmersdorf, am Kraftwerk Neurath und in der Gemeinde Rommerskirchen. Wir begrüßen das und sind sicher, dass es für die Teilflächen Frimmersdorf III eine Lösung geben wird, die die Belange des Natur- und Umweltschutzes und die Interessen der Menschen in Neuenhausen wahrt, die lange Jahre in der Nachbarschaft mit den Kraftwerken nun auch in Form von Naherholung und Grünzugentwicklung am Welchenberg etwas zurückerhalten. Es liegt also noch viel vor uns, im Großen wie im Kleinen.
Wir sind bereit, unseren Beitrag für ein Gelingen des Strukturwandels zu leisten, im Interesse der Menschen, unserer Region und im Vertrauen, dass die Zusagen aus Berlin und Düsseldorf eingehalten werden. Wie die Sendung „Westpol“ im WDR vermeldete, sollen Großteile der zugesagten Mittel von 15 Milliarden Euro allerdings bereits jetzt schon verplant worden sein, für Projekte und Maßnahmen, die auch ohne Kohleausstieg notwendig wären. Das wäre ein klarer Wortbruch gegenüber unserer Region, den ArbeitnehmerInnen und der Wirtschaft, die alle auf die Einhaltung der Versprechen von neuem Wachstum und Beschäftigung vertrauen. Dies ist die Grundlage für die Akzeptanz des politisch eingeleiteten Strukturwandels. Hier erwarten wir eine klare Haltung der Kreisgemeinschaft.

Dies gilt ebenso für Projekte wie der „Revier-S-Bahn“ und der Weiterentwicklung von Hochschulen. Die SPD begrüßt ausdrücklich die Fortschritte bei der Verlängerung der Regio-Bahn von Kaarst bis nach Viersen! Nachdem sich die Mehrheitsverhältnisse in Mönchengladbach geändert und wir nun mit Oberbürgermeister Felix Heinrichs einen Partner haben, der das Projekt mit uns gemeinsam voranbringt.

Wichtig für uns ist ebenfalls ein umweltverträglicher Autobahnanschluss in Dormagen-Delrath, die nachhaltige Entwicklung von Gewerbeflächen auf Industriebrachen und in diesem Zusammenhang die Schaffung eines ökologischen Ausgleichs.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

mit großer Sorge betrachtet die SPD-Kreistagsfraktion die Situation der Krankenhäuser – dem Rheinland-Klinikum. Im Jahr 2019 wurde die Fusion des Lukas-Krankenhauses in Neuss und der Kreiskrankenhäuser in Grevenbroich und Dormagen rechtlich vollzogen, allerdings werden die hohen Erwartungen an diese Fusion bisher nicht erfüllt. Strukturell bleibt noch einiges zu tun. Auch nach zwei Jahren betrachten die Menschen und auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Gesellschaft noch immer nicht als Einheit. Die Schließung der Geburtsstation in Grevenbroich lässt befürchten, dass dies nur der Beginn eines Szenarios ist, mit dem Ziel, der Aufgabe des Standortes in Grevenbroich, auch wenn die Schließung nur aufgrund von Personalmangel vollzogen wurde. Das schafft kein Vertrauen bei den Menschen, es schürt Verunsicherung! Und dies weit über das Thema Geburtenstation hinaus. Was wir für unser Rheinland-Klinikum brauchen, ist eine klare Strategie! Dabei stellen sich viele Fragen. Wie kann eine sichere und hochwertige medizinische Versorgung für die Menschen im Rhein-Kreis Neuss gesichert und fortentwickelt werden, wie schaffen wir Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums und wie machen wir das Rheinland-Klinikum zu einem für die Zukunft attraktiven Arbeitsstandort für medizinisches Personal? Wie müssen sich Fachabteilungen aufstellen und vor allem wo sollen Schwerpunkte gebildet werden, in denen sich weiter spezialisiert werden kann und keine direkte Konkurrenz mit den fast schon „fußläufig“ erreichbaren etablierten Fachkliniken im Umland entsteht? Wir vermissen hier ein klares zukunftsgerechtes Gesamtkonzept für die medizinische Versorgung der Menschen in unserem Kreis. Ein Strukturgutachten für die Kliniken ist in Arbeit, das ist bekannt. Hier müssen wir die Ergebnisse, offen und ohne emotionale Vorfestlegungen, diskutieren. Wichtig ist, neben der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung, die Sicherstellung der Versorgung in der Fläche, mit motivierten und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Bereichen. Leider ist viel Vertrauen in den letzten Wochen und Monaten verspielt worden. Das muss von der neuen Geschäftsführung aber auch von den Gesellschaftern nun mühsam und verlässlich wieder aufgebaut werden! Wir müssen alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Die SPD steht zu unseren Kliniken und zu unserer kommunalen Krankenhausstruktur. Wir werden hier unseren Beitrag leisten, die Segel richtig zu setzen, um die Zukunftsfähigkeit der Rheinland-Kliniken zu sichern.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

die Interessen und Politikfelder im Rhein-Kreis Neuss sind zahlreich und vielfältig. Im Sport steht die SPD weiterhin für eine Förderung des Breitensportes, ohne den Spitzensport nicht möglich wird. Ebenso muss Sport auch seinen integrativen Charakter entfalten können. Für den Erhalt des Bundesstützpunktes Säbelfechten ist eine neue Fechthalle in Dormagen erforderlich. Dabei sollten auch Synergien mit den vorhandenen Infrastrukturen am Norbert-Gymnasium genutzt werden. Das Ratsportforum in Büttgen muss auch aus Gründen des Klimaschutzes und der Barrierefreiheit saniert werden und der Wildwasserpark Dormagen ist aus sportlichen und touristischen Gründen von überörtlichem Interesse. Hier stellt sich immer noch die Frage, ob im notwendigen Maße Fördergelder zur Verfügung stehen, ohne die das Projekt nicht zu stemmen ist und offene Fragen zur verkehrlichen Infrastruktur und der Belastung der Stadtteile Straberg und Nievenheim u.a. bei Wettkämpfen durch Lärm und Durchgangsverkehr sowie die Sicherstellung des Landschaftsschutzes am Straberger See. Grundsätzlich begrüßen wir solche Maßnahmen und Investitionen in die Sportstätten im Rhein-Kreis Neuss. Allerdings vermissen wir die Transparenz bei den bisherigen Planungen, insbesondere mit Blick auf die finanziellen Auswirkungen, Betriebskosten und weiteren Folgekosten. Ohne eine nachvollziehbare Kostenbilanz sind die Ausgaben für alle drei Projekte nicht zu verantworten.

Was den Zustand einiger Sportanlagen im Kreis angeht, vermissen wir als SPD eine Übersicht über den baulichen Zustand der Anlagen, auch in Zusammenarbeit mit unseren Kommunen, um in Zukunft keine großen Überraschungen hinsichtlich anstehender Sanierungsfälle erleben zu müssen bei denen der Kreis gefordert wird.
Dies gilt natürlich auch für den Zustand unserer Schulen, wie es beispielhaft am BBZ Dormagen festzustellen ist. Der Kreis ist hier wirklich gefordert eine Bestandsaufnahme hinsichtlich notwendiger Sanierungen, Restnutzungsdauer und den Möglichkeiten von energetischen Maßnahmen aller Liegenschaften des Kreises zu erstellen, mit einer damit verbundenen Planung von Instandhaltungsmaßnahmen und digitalen Erfordernissen. Dabei sollte eine ganzheitliche Betrachtung der Gebäude erfolgen und nicht nur einzelne Segmente. Dies ist auch dringend notwendig, wenn es dem Kreis wirklich ernst mit der Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudesektor ist. Eine weitere wichtige und bedeutende Aufgabe der nächsten Jahrzehnte.

Der Gebäudesektor hat bundesweit einen Anteil von 30% am CO2-Ausstoß und da muss eine Umsetzungsplanung bei den eigenen Gebäuden für die nächsten 10 Jahre erfolgen. Dabei muss das Ziel sein, dass die kreiseigenen Gebäude bis 2030 klimaneutral werden. Erforderlich ist auch dafür ein Klimaschutzkonzept im Zusammenwirken mit den Kommunen. Maßnahmen, wie z. B. der Bau von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern und Flächen des Kreises zur Eigenstromversorgung, die Umstellung des kreiseigenen Fuhrparks, Ladestationen für E-Autos und auch die sinnvolle Fortentwicklung des Kreises zu einer Modellregion für Wasserstoff. Dies wird den CO2-Ausstoß deutlich verringern und damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

zu den großen Herausforderungen im Sozialbereich werden neben der intensiven Werbung und Ausbildung für Pflegekräfte weiterhin der Bereich Wohnen zählen. Noch immer fehlen ca. 21.000 Wohnungen in den nächsten 10 Jahren im Kreis, davon mindestens 5.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Die Fortschreibung der Wohnbedarfsanalyse aus 2017 wird zeigen, dass hier noch keine wesentlichen Fortschritte zu vermelden sind. Das Ziel liegt weiterhin in sehr weiter Ferne. Der vorliegende Gesellschaftsvertrag für die „Service- und Koordinierungsgesellschaft für preiswertes Wohnen“ kann ein Baustein sein, um gerade die kleineren Kommunen im Kreis bei Planung und Bau, insbesondere von öffentlich geförderten Wohnungen, zu unterstützen. Groß angekündigt, warten wir nun seit 1,5 Jahren auf grundlegende Schritte. Leider gibt es bis heute keinen strategischen Partner für eine solche Gesellschaft. Seien wir ehrlich, eine solche Gesellschaft, wenn sie dann mal funktionieren wird, löst nicht die Probleme auf den Wohnungsmärkten im Kreis. Sie ist ein Baustein und leistet ihren Beitrag dazu.

Leider werden bis heute viele grundlegende Vorschläge aus der Wohnungsbedarfsanalyse 2017 immer noch nicht umgesetzt. Ein Bündnis oder ein „Runder Tisch Wohnen“, an dem die Akteure der Wohnungsmärkte im Rhein-Kreis Neuss beteiligt sind, fehlt ebenso, wie ein bei der Wirtschaftsförderung angesiedelter Wohnungsbaukoordinator, der die vereinbarten Ziele des runden Tisches überwacht, um Investitionsanreize für den Wohnungsbau zu schaffen. Daneben fehlt ein abgestimmtes Baulandmanagement und eine Analyse, ob im Kreisgebiet überhaupt genügend Flächen für die 21.000 fehlenden Wohnungen zu Verfügung stehen und welche Art der Bebauung dann vorgenommen werden muss, um das Ziel zu erreichen.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

Es gibt noch viele weitere bedeutende Themen im Kreis.

Die Haushaltsberatungen 2021 waren geprägt von der Pandemie und der dadurch verursachten schwierigen Haushaltslage, nicht nur des Kreises, sondern gerade auch der Städte und der Gemeinde des Kreises. Zukünftige Haushaltsberatungen lassen nichts Gutes erwarten. Das Wahlergebnis 2020 sollte auch dazu beitragen, die Segel in der Haushaltspolitik neu zu justieren. Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Kreisen und Städten die Möglichkeit gegeben, die durch Covid-19 verursachten Ausgaben zu isolieren. In diesem Zusammenhang sind wir dankbar, für das von der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern im Kreis einstimmig vorgelegte „Bürgermeisterpapier“ vom 16.02.2021, in dem dem Kreis Möglichkeiten aufgezeigt werden, mehr zu tun. Der Kreis hat mit dem Veränderungsnachweis am 18.02.2021 Maßnahmen vorgelegt, mit einer Absenkung der Kreisumlage um 0,77 v.H. Die Forderung der BürgermeisterIn belief sich auf eine Absenkung von 2,46 v.H. Natürlich hätten sich die Städte und die Gemeinde und auch die SPD-Kreistagsfraktion eine höhere Entlastung gewünscht. Die finanziellen Engpässe werden sich, bedingt durch die Pandemie und deren Folgen in den nächsten Jahren noch verstärkt auswirken und unsere Städte und Gemeinde – als auch der Kreis- werden höhere Belastungen stemmen müssen. Wir haben die Aufgabe und die Verpflichtung unsere Kommunen zu unterstützen. Dabei dürfen die Städte und die Gemeinde durch die Kreisumlage nicht zusätzlich belastet werden. Deswegen kann es auch nur richtig sein, bei finanziellen Verbesserungen für den Kreis diese 1 zu 1 an die Städte und die Gemeinde weiterzugeben. Neben diesen Kriterien wollen wir uns aber auch politischen Gestaltungsspielraum bewahren um die wichtigen Themen wie Klimaschutz, Konzepte mit Blick auf ein klimafreundliches nachhaltiges Mobilitätsnetz, Investitionen im Sportbereich, die Herausforderungen in Bezug auf die Struktur unserer Krankenhäuser, die Struktur unserer Kreisschulen, Die Bereiche Gesundheit, Soziales, Wohnen, besonders der Bereich Pflege aber auch Digitales, Strukturwandel sowie die Unterstützung während und nach der Pandemie, insbesondere der kleinen und mittleren Betriebe und der Bereich Kultur. Vor diesem Hintergrund ist es gelungen, einen Konsens im Finanzausschuss herzustellen mit dem Ziel, dass der Rhein-Kreis Neuss in schwieriger Zeit seine Aufgaben erfüllen kann.

Die Kreisumlage wird auf dem seit Einführung des NKF niedrigsten Wert von 34,56 v.H. festgelegt, wobei uns deutlich bewusst ist, dass sich die Städte und die Gemeinde hier eine höhere Entlastung gewünscht hätten. Hier weht der Wind immer noch deutlich spitz von vorn. Die Kreisumlage wird als Obergrenze in dieser Höhe auch für 2022 zugesagt, wobei niedriger dennoch nicht ausgeschlossen ist. Die Ausgleichsrücklage wird ebenfalls als Instrument genutzt, die Städte und die Gemeinde nicht zu belasten. Dies ist eine Planungsgrundlage für die Städte und die Gemeinde für den nächsten schwierigen Haushalt. Durch diesen Kompromiss werden die Städte und die Gemeinde nicht zusätzlich belastet und er bietet Planungssicherheit. Die Handlungsfähigkeit des Kreises wird dadurch zwar gewährleitet, allerdings wird die Situation sich auch aufgrund der Auswirkungen der Pandemie für das Haushaltsjahr 2022 extrem verschärfen. Hier fordern wir den Kreis bereits heute auf, diesen Haushalt 2022 im engen Kontakt mit unseren Städten und der Gemeinde aufzustellen und auf deren Situation, auch mit Blick auf eine möglichst niedrige Kreisumlage, besonders Rücksicht zu nehmen. Wir erwarten, dass die Kreisgemeinschaft zusammensteht und wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir eine Kreisumlage von 34,56 v.H. als Obergrenze für die Planung unserer Städte und der Gemeinde verstehen und die Erwartung besteht, den Haushalt des nächsten Jahres so aufzustellen, dass die Kommunen des Kreises darüber hinaus eine dringend notwendige zusätzliche Entlastung erhalten können. Wir sitzen alle in einem Boot und wir werden gemeinsam nur vorankommen, wenn wir die Segel einvernehmlich richtig setzen.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

auch wenn die im Kreistag vertretenen Fraktionen oftmals von völlig divergierenden Standpunkten ausgehen, ist es wichtig, dass wir gerade in schwierigen Zeiten in der Lage sind, Kompromisse zu finden, die auch ihre Tragfähigkeit unter Beweis stellen werden. Wobei dieser Kompromiss auch den Besonderheiten der Pandemie geschuldet ist.

Ich danke allen, für die konstruktive Vorgehensweise bei den Haushaltsberatungen und ich danke insbesondere unserem Kooperationspartner Bündnis 90 / Die Grünen für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Es bleibt viel zu tun, gehen wir es als Kreisgemeinschaft gemeinsam an.
Die SPD-Kreistagsfraktion wird dem Kreishaushalt 2021 zustimmen.