Eckpunktepapier Strommarkt

Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel

Tagebau - Foto: M. Reuter

Tagebau – Foto: M. Reuter

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrter Herr Bundeswirtschaftsminister,

das zwischen Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Wirtschaft und Industrie abgestimmte „Eckpunktepapier Strommarkt“ erfüllt uns mit großer Sorge. Die Arbeitnehmer und ihre Familien versetzen die damit verbundenen Konsequenzen in große Angst und Unsicherheit. Unserer Heimatregion droht ein massiver Strukturbruch. Die Vorschläge im „Eckpunktepapier Strommarkt“ führen dazu, dass im Rheinischen Revier kurzfristig sechs 600-MW- und elf 300-MW-Blöcke stillgelegt werden müssten, da diese durch den „Nationalen Klimabeitrag“ in die Unwirtschaftlichkeit getrieben würden.

Dieser Sonderbeitrag käme zu einem Zeitpunkt, an dem unsere Kraftwerkswirtschaft durch politische Rahmensetzungen ohnehin um das nackte Überleben kämpft, und die Belegschaften ein Sonderopfer nach dem anderen erbringen müssen.

Die Auswirkungen kämen einer Katastrophe gleich. In unserer Heimatregion wären ca. 30.000 Arbeitsplätze bedroht, hinzu sind bis zu 70.000 Arbeitsplätze bei Zulieferbetrieben sowie im örtlichen Handwerk und Gewerbe betroffen. 620 Ausbildungsplätze sind mit dem Bergbau hier verbunden. Die drohenden Kraftwerkstillegungen hätten auch Auswirkungen auf die energieintensive Industrie, die auf Versorgungssicherheit und bezahlbare Energiepreise angewiesen ist und die in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Kraftwerken und zum Tagebau angesiedelt ist.

Auch die finanziellen Auswirkungen auf die Städte und Kommunen wären immens. Die Stadt Grevenbroich, die sich im Nothaushalt befindet, verlöre pro Jahr ca. 30 Mio. Euro Gewerbesteuer. Ein Ende von Tagebauen wäre eine weitere Folge und eine Katastrophe für Stadt- und Regionalentwicklung, da große Tagebaulöcher an unerwünschter Stelle verblieben und Rekultivierung sowie eine Gestaltung der Restseen finanziell gefährdet wären.

NRW hat für unsere Region einen geordneten Strukturwandel vorgesehen und dafür die „Innovationsregion Rheinisches Revier“ im Koalitionsvertrag vereinbart – ein Projekt, welches durch vorbeugenden Strukturwandel angesichts des Auslaufens der Braunkohle in den nächsten Jahrzehnten Zukunftsperspektiven erarbeiten soll. Ein weltweit einmaliges Vorhaben würde durch einen kurzfristigen Strukturbruch zunichte gemacht.

Wir vermögen auch nicht zu erkennen, dass mit einem „Nationalen Klimabeitrag“ der CO2-Ausstoß in Europa verringert würde, da Emissionszertifikate im Überfluss vorhanden sind. Bei uns bedeutet dies aber den Verlust von Wertschöpfung von bis zu 8 Mrd. Euro pro Jahr. Eine Energiewende, die soziale Verwerfungen und wirtschaftliche Brüche in Kauf nimmt, verlöre die Unterstützung der Menschen.

In unserer Region kann sich niemand vorstellen, dass dies wirklich Ziel und Absicht der Bundesregierung sein kann. Das „Eckpunktepapier“ darf und kann so nicht bleiben. Das Klima zu schützen und die ehrgeizigen Einsparziele bis 2020 zu erreichen, kann nicht einseitig zu Lasten unsrer Region erfolgen, sondern ist eine gesamtdeutsche Aufgabe.

Wir hoffen, dass unsere Sorgen nicht ignoriert werden und die Not der Menschen hier gesehen und beachtet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Thiel, MdL
Vorsitzender der Kreistagsfraktion

Klaus Krützen
Kreisvorsitzender Rhein-Kreis Neuss

Daniel Rinkert
Stadtverbandsvorsitzender Grevenbroich

Horst-Heinrich Gerbrand
Vorsitzender der Ratsfraktion Grevenbroich

Jürgen Thomas
Ortsvereinsvorsitzender Rommerskirchen

Ralf Steinbach
Vorsitzender der Ratsfraktion Rommerskirchen

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Dieses Schreiben geht auch an Herrn Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel MdB
Kopie an Herrn Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe MdB
Kopie an Frau Minsterpräsidentin Hannelore Kraft