Rainer Thiel: Offener Brief an Reiner Priggen zum Konverter-Standort

Rainer Thiel, MdL

Rainer Thiel, MdL

Lieber Kollege Reiner Priggen,

Ihre öffentliche einseitige Unterstützung der Initiative gegen den Konverter-Standort Osterath hat mich sehr verwundert. Das ist für die Menschen in Grevenbroich und Rommerskirchen keine gute Nachricht. Es ist gut und richtig, dass zum Standort einer Konverter-Anlage in Osterath, die im Rahmen der Energiewende geplant wird, Alternativen gesucht werden. Das soll aber ergebnissoffen geschehen! Ziel ist dabei ist eine Suche nach der verträglichsten, technisch sinnvollsten und wirtschaftlichsten Lösung im Rahmen der Bundesfachplanungen und Planfeststellung.

Leider wird dies durch die einseitige Ablehnung des Standortes Osterath unterlaufen. Sie versehen dies mit dem Hinweis auf das Braunkohlerevier und vorhandene großtechnische Standorte, also die Braunkohlkraftwerke. Einen solchen Vorschlag hatten Sie bereits im November 2012 gemacht und schon damals übersehen, dass in der Nähe der Kraftwerke im Braunkohlerevier auch Menschen wohnen. Diese sind keine Menschen 2. Klasse! Wenn ein Konverter für die Menschen in Osterath nicht zumutbar ist, dann ist dieser auch für die Menschen in Grevenbroich und Rommerskirchen nicht zumutbar.

Es ist geradezu zynisch davon auszugehen, dass die Menschen, die seit Jahrzenten die Lasten der Stromerzeugung durch Braunkohle in ihrer Nachbarschaft ertragen müssen, nun auch die Belastungen aus der Produktion erneuerbarer Energien dazu bekommen sollen.
Sie kritisieren, dass der Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern gesprochen haben. Sie mahnen an, dass die Energiewende mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam gestaltet werden müsse. Mit den Menschen in Grevenbroich und Rommerskirchen haben Sie aber nicht gesprochen. Auch nicht der CDU-Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, der als erster die Kraftwerksstandorte in Grevenbroich als Alternativstandorte ins Gespräch brachte.

Das ist Politik über die Köpfe der Menschen hinweg! Diese wehren Sich.
Es gibt einen einstimmigen Beschluss aller Fraktionen im Rat der Stadt Grevenbroich gegen einen Konverter, ebenso im Rat der Gemeinde Rommerskirchen. Der Kreistag im Rhein-Kreis Neuss hat ebenfalls eine einstimmige Resolution verabschiedet, in der eine ergebnisoffene Suche für einen Konverter-Standort gefordert wird.

Die Energiewende hin zu den erneuerbaren Energien bringt neue und andere Belastungen mit sich. Nun geht es darum, dass Strom aus Windkraftparks im Norden zukünftig in den Süden transportiert werden soll, da dort Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Die damit verbundenen Anlagen und Investitionen sind Voraussetzung für die Energiewende. Sie sind Bestandteil der neuen Infrastruktur für die Erneuerbaren Energien.

Weil es aber so ist, dass im Norden nicht immer der Wind weht, im Süden aber rund um die Uhr z.B. Autos hergestellt werden sollen, wird aus Gründen der Versorgungssicherheit und der Netzstabilität auch Strom aus konventionellen Kraftwerken gebraucht.
Sofern dieser auch über die HGÜ-Leitungssysteme transportiert werden soll dient dies den Interessen der Stromverbraucher im Süden und der validen Stromerzeuger im Norden. Wir in der Mitte leisten also wieder einmal einen wesentlichen Beitrag für andere.

Die Belastungen aus der konventionellen Stromproduktion werden noch lange von uns getragen werden müssen. Die neuen Belastungen für die Erneuerbaren Energien müssen dort getragen werden wo sie entstehen und wo die verträglichsten, technisch und wirtschaftlich effizientesten Standorte sind.
Die Menschen in Grevenbroich und Rommerskirchen verdienen es nicht, dafür bestraft zu werden, dass sie mit der Braunkohle leben. Ganz Deutschland lebt von der Braunkohle.

Wir stehen im Braunkohlerevier vor einem Strukturwandel, da der Tagebau endlich ist. Darum haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Koalitionsvertrag eine nachhaltige Perspektive für das Rheinische Revier vereinbart. Das Landesprogramm IRR (Innovationsregion Rheinisches Revier) hat dafür als Ziel eine Modellregion „in der in beispielhafter Weise die Energiewende durch moderne und nachhaltige Industrie- und Infrastrukturpolitik vorangebracht wird“.
Das Abschieben des ungeliebten Konverters ins Braunkohlerevier steht diesen Zielen und den Interessen der Menschen hier entgegen!

Daher werde ich mich mit ganzer Kraft gegen diese Art der Politik gegenüber den Menschen in Grevenbroich und Rommerskirchen wehren. Im Lande erarbeiten SPD und Grüne Ziele und Wege der Energiewende gemeinsam. Es ist unproduktiv, wenn dann vor Ort schwarz-grüne Bündnisse gemacht werden um lokalen Protest zu folgen, der vorher selbst mit erregt wurde. Frei nach dem St. Floriansprinzip: „Verschon mein Haus, zünd andere an.“

Gerne lade ich Sie zu einem Gespräch vor Ort ein, damit Sie auch die Sorgen und Nöte der Menschen im Braunkohlerevier kennenlernen.

P.S.
Da Sie Ihre Meinung öffentlich vertreten, erlaube ich mir, diesen Brief auch öffentlich zu machen.

Mit freundlichen Grüßen,
Rainer Thiel, MdL